Verhaltensbedingte Kündigung – politische Loyalitätspflicht – Polizei
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
Urteil vom 2.2.2022, veröffentlicht am 11.03.2022
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Das Maß der einem Beschäftigten des öffentlichen Dienstes abzuverlangenden Loyalität gegenüber der Verfassung gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L bestimmt sich nach der Stellung und dem Aufgabenkreis, der dem Beschäftigten laut Arbeitsvertrag übertragen ist. Der Beschäftigte schuldet lediglich ein solches Maß an politischer Loyalität, das für die funktionsgerechte Verrichtung seiner Tätigkeit unverzichtbar ist (im Anschluss an BAG 6. September 2011 – 2 AZR 372/11 -).
Auch Arbeitnehmer, die nur eine “einfache” politische Treuepflicht trifft, müssen ein Mindestmaß an Verfassungstreue insoweit aufbringen, als sie nicht darauf ausgehen dürfen, den Staat, die Verfassung oder deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen. Das gilt gleichermaßen für den dienstlichen wie den außerdienstlichen Bereich. Handelt ein Arbeitnehmer diesen Anforderungen zuwider, kann dies ein Grund für eine verhaltensbedingte Kündigung sein, wenn durch den Loyalitätsverstoß eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses eingetreten ist (im Anschluss an BAG 6. September 2012 – 2 AZR 372/11 – ).
Zur Auslegung des Begriffs “Ermächtigungsgesetz”
Die Gleichsetzung des 3. Bevölkerungsschutzgesetzes vom 18. November 2020 mit dem “Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich” (“Ermächtigungsgesetz”) vom 24. März 1933 und die nachfolgende Aufzählung “Zwangsimpfung, Wegnehmen der Kinder, Schutzlos in der eigenen Wohnung, Geschlossene Grenzen, Arbeitsverbot, Gefängnis” macht die gesetzgebenden Organe verächtlich.
Veröffentlicht eine Polizeiärztin in einer Sonntagszeitung eine Anzeige mit diesem Inhalt, verstößt sie in so schwerwiegendem Maß gegen ihre einfache politische Treuepflicht nach § 3 Abs. 1 Satz 2 TV-L, dass eine ordentliche Kündigung auch ohne vorangegangene Abmahnung gerechtfertigt ist.
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